Verbindend oder trennend? Warum Gendern die Verständigung erschwert
In den letzten Jahren hat die Debatte über das sogenannte Gendern stark an Fahrt aufgenommen.
Sie wird emotional geführt und sorgt für hitzige Diskussionen.
Doch jenseits aller Gegensätze ist eines klar. Sprache ist ein verbindendes Element, ein Werkzeug, das uns helfen soll, einander zu verstehen.
Deshalb lohnt es sich, einen Schritt zurückzutreten und die deutsche Sprache als das zu betrachten, was sie ist. Ein historisch gewachsenes kulturelles Erbe, das seinen eigenen, natürlichen Wandel durchläuft – ohne ideologische Eingriffe.
Sprache im Wandel der Zeit
Die deutsche Sprache blickt auf eine lange Geschichte zurück. Vor etwa 5000 Jahren entwickelte sie sich aus indogermanischen Wurzeln und formte im Laufe der Jahrhunderte ihre Artikel und grammatischen Geschlechter.
Heute ist sie ein präzises und facettenreiches Werkzeug der Kommunikation, das von ihrem natürlichen Wandel geprägt wurde.
Dabei war Sprache stets einem natürlichen Wandel unterworfen.
Neue Begriffe wurden übernommen, alte verschwanden – aber dieser Prozess verlief organisch, getragen vom Sprachgebrauch der Menschen, nicht durch Vorschriften oder künstliche Eingriffe.
Grammatische Geschlechter – Kein Spiegel von Diskriminierung
Die grammatischen Geschlechter – Maskulinum, Femininum und Neutrum – haben nichts mit biologischen Geschlechtern oder gar Diskriminierung zu tun.
Das Agentivsuffix „-er“, das in Wörtern wie „Lehrer“, „Bäcker“ oder „Fahrer“ vorkommt, ist ursprünglich geschlechtsneutral und hat keine Verbindung zum männlichen Pronomen „er“.
Es stammt aus dem Althochdeutschen und wurde genutzt, um Tätigkeiten oder Rollen unabhängig vom Geschlecht zu bezeichnen.
Der Ursprung des Problems
Das Problem entstand erst durch die Einführung der Endung „-in“ (z. B. „Lehrerin“), die dazu führt, dass die neutrale Grundform „Lehrer“ plötzlich als „männlich“ wahrgenommen wird.
Ursprünglich war „Lehrer“ einfach eine allgemeine Bezeichnung für jemanden, der lehrt – unabhängig vom Geschlecht.
Mit der Unterscheidung zwischen „Lehrer“ und „Lehrerin“ wurde jedoch eine geschlechtsspezifische Komponente eingeführt, die zuvor nicht vorhanden war.
Wenn man stattdessen neutrale Bezeichnungen wie „Frau Lehrer“ oder „Herr Lehrer“ verwendet, bleibt die Sprache schlicht und präzise.
Das Geschlecht wird, wenn nötig, durch den Kontext („Frau“ oder „Herr“) gekennzeichnet, ohne die Grundstruktur der Sprache zu verändern.
Dieser Ansatz vermeidet zusätzliche Sprachformen wie „Lehrer*innen“ oder „Lehrer:innen“, die die Lesbarkeit erschweren und neue Barrieren schaffen.
Warum die deutsche Sprache nicht „männlich“ ist
Die deutsche Sprache an sich ist nicht männlich geprägt.
Die grammatischen Geschlechter (Maskulinum, Femininum, Neutrum) haben keinen Bezug zu biologischen Geschlechtern. Ein Baum ist „der Baum“ (Maskulinum), eine Blume ist „die Blume“ (Femininum), und ein Auto ist „das Auto“ (Neutrum) – diese Zuordnungen sind rein grammatisch und ohne biologische Grundlage.
Mit der Weiterentwicklung der Sprache verloren die grammatischen Geschlechter ihre ursprüngliche Bedeutung und wurden zu einer rein grammatischen Kategorie, die hilft, Substantive zu strukturieren und Satzbedeutungen klarer zu machen.
Beispielsweise zeigt der Artikel im Deutschen nicht nur das grammatische Geschlecht eines Wortes an, sondern auch die Funktion des Substantivs im Satz.
Ob ein Wort im Nominativ, Genitiv, Dativ oder Akkusativ steht, wird durch den Artikel deutlich gemacht.
Die Behauptung, dass die deutsche Sprache diskriminierend sei, weil sie grammatische Geschlechter kennt, ist daher nicht haltbar.
Diese Kategorien entstanden unabhängig von sozialen oder politischen Motiven und sind vielmehr das Ergebnis linguistischer und funktionaler Entwicklungen.
Grammatische Geschlechter stehen vollständig losgelöst von aktuellen gesellschaftlichen Debatten um Gleichberechtigung oder Diskriminierung.
Gendern – Gut gemeint, aber voller Hürden
Die Ursprünge des Genderns liegen in feministischen und gleichstellungspolitischen Bewegungen, die vor allem seit den 1970er-Jahren versuchten, die Sichtbarkeit von Frauen und nicht-binären Personen in der Sprache zu erhöhen.
Sprachwissenschaftler und Aktivistengruppen sahen darin ein Mittel, um auf soziale Ungleichheiten aufmerksam zu machen und die Gleichberechtigung zu fördern. Konzepte wie das Binnen-I („StudentInnen“) und später Gendersternchen (*) oder der Doppelpunkt (:) wurden vorangetrieben, um die geschlechtergerechte Sprache zu etablieren.
Doch obwohl diese Entwicklungen gut gemeint waren, werfen sie wichtige Fragen auf.
Fördert das Gendern tatsächlich die Gleichberechtigung, oder schafft es neue Barrieren?
Für Muttersprachler entstehen oft Unklarheiten im Lesefluss. Noch gravierender ist, dass Menschen, die Deutsch neu lernen, mit zusätzlichen Hürden konfrontiert werden.
Gerade in einer multikulturellen Gesellschaft sollte Sprache frei von Komplikationen sein – zugänglich und verbindend.
Sprache als Brückenbauer oder Barriere?
Die Debatte um das Gendern hat zu einer tiefen Spaltung geführt.
Statt gemeinsam nach Lösungen zu suchen, verhärten sich die Fronten.
Sprache sollte jedoch Brücken bauen, nicht Gräben vertiefen. Nur durch Dialog und gegenseitiges Verstehen lassen sich die Herausforderungen einer modernen Gesellschaft bewältigen.
Es lohnt sich, die Frage zu stellen: Schaffen wir mit diesen sprachlichen Veränderungen tatsächlich mehr Gleichberechtigung, oder verlieren wir dabei etwas Wesentliches – unser gemeinsames Verstehen?
Das Gendern, so gut es gemeint ist, betont oft Unterschiede statt Gemeinsamkeiten.
Ein Beispiel: In der Arbeitswelt wurden Begriffe wie »Mitarbeiter« einst neutral verwendet.
Heute führen neue Formen wie »Mitarbeiter*innen« oft zu Unsicherheiten und Barrieren, vor allem bei Menschen, die Deutsch neu lernen.
Diese sprachlichen Veränderungen erschweren die freie Kommunikation und lenken vom eigentlichen Ziel ab – der Zusammenarbeit und dem gegenseitigen Verständnis.
Das Gendern birgt die Gefahr, dass es mehr Spaltung und Missverständnisse schafft, anstatt Einheit und Verständigung zu fördern. Sprache sollte nicht zum ideologischen Konfliktfeld werden, sondern ein Mittel sein, um Menschen zu verbinden und gemeinsame Lösungen zu finden.
Ein Aufruf zur Rückbesinnung auf klare Sprache
Die deutsche Sprache hat sich über Jahrhunderte bewährt.
Sie gilt als eine der präzisesten Sprachen der Welt, da sie durch ihre klaren grammatischen Strukturen und exakte Ausdrucksweise beeindruckt.
Diese Präzision wird gerade durch die Unterscheidung in Maskulinum, Femininum und Neutrum sowie durch die differenzierte Artikelverwendung erreicht, die eine klare Kommunikation und eindeutige Bedeutungszuweisungen ermöglicht.
Ihre Stärke liegt in ihrer Fähigkeit, sich dem Wandel der Zeit anzupassen – aber auf natürliche Weise.
Sprache gehört den Menschen, die sie sprechen, und sie sollte von ihrem Gebrauch geprägt werden, nicht von Vorschriften oder politischen Ideologien.
Es ist an der Zeit, der Sprache wieder den Raum zu geben, sich organisch zu entwickeln.
Indem wir aufeinander zugehen und gemeinsam daran arbeiten, die Sprache klar und zugänglich zu halten, schaffen wir eine Grundlage für echtes Verständnis.
Sprache hat die Kraft, Menschen zu verbinden – wenn sie von Respekt und Offenheit getragen wird. Lassen wir sie sprechen – frei von Zwang, aber reich an Dialog und gegenseitigem Verständnis.
Ihre Meinung zählt!
Wie sehen Sie die Diskussion um das Gendern? Teilen Sie Ihre Gedanken mit uns.
Fühlen Sie sich durch gendergerechte Sprache angesprochen oder empfinden Sie sie als hinderlich?
Schreiben Sie uns Ihre Meinung und erzählen Sie, wie Sprache Ihr Leben und Ihre Kommunikation beeinflusst.
Quellen:
Fotos:© Gerd Altmann auf Pixabay
Video(s): Wäre Jens Riewa beinahe ein „Damen und Herren“ herausgerutscht? (2025)
Peter Eisenberg: „Grundriss der deutschen Grammatik“
Duden: „Die Grammatik“
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Gendern – Argumente und Perspektiven
TU Dortmund: Wissenschaftlicher Diskurs zur geschlechtergerechten Sprache
Anmerkung der Redaktion: Für bessere Lesbarkeit verzichten wir in unseren Beiträgen weitestgehend auf geschlechtergerechte Sprache. Mehr dazu