Sparen als scheinbar neutrale Handlung
Für viele Menschen ist Sparen eine Selbstverständlichkeit. Wer Geld zur Seite legt, gilt somit als klug und verantwortungsvoll.
Doch hinter dem unschuldigen Akt des Sparens verbirgt sich eine unbequeme Wahrheit.
In einem kapitalistischen System kann Vermögen nicht wachsen, ohne dass es anderen fehlt.
Kapitalismus funktioniert wie der Energieerhaltungssatz – nur zerstörerischer
In der Physik lehrt der Energieerhaltungssatz, dass Energie nicht verloren gehen kann. Sie wird also lediglich umgewandelt.
Im Kapitalismus ist es ähnlich mit Vermögen. Es entsteht nicht aus dem Nichts. Damit an einer Stelle mehr Vermögen existiert, muss es somit an anderer Stelle fehlen.
Und sei es nur dadurch, dass ein Mensch seine Arbeitskraft verkauft, seine letzten Besitztümer veräußert oder natürliche Ressourcen billig abgibt, um überhaupt überleben zu können.
Ein Anleger, der eine Rendite erzielt, erhält sein Plus, weil irgendwo auf der Welt Menschen für Niedriglöhne schuften oder Naturgüter ausgebeutet werden. Kapital zieht Kapital an. Wer bereits besitzt, kann leichter mehr ansammeln. Wer wenig hat, verliert oft noch das Wenige.
Stellen Sie sich zwei Menschen vor. Der eine besitzt zehn Euro, der andere hundert Euro. Derjenige mit zehn Euro muss sein gesamtes Geld für das Nötigste ausgeben. Derjenige mit hundert Euro hingegen kann einen Teil zurücklegen oder investieren.
Mit diesem überschüssigen Kapital können Gewinne erzielt werden, die wiederum neues Vermögen schaffen. Daraus entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf. Wer mehr hat, kann leichter mehr erzeugen. Wer wenig hat, bleibt gefangen im täglichen Kampf ums Überleben.
„Vermögen wächst dort, wo Überschuss bleibt – nicht dort, wo jeder Cent zum Überleben gebraucht wird.“
P. Reinisch-Fahrland
Der wahre Preis des Reichtums – Globale Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung
Damit in Europa bzw. der sogenannten westlichen Welt Menschen sorglos sparen oder sich Luxus leisten können, müssen anderswo Menschen für Hungerlöhne arbeiten und ihre Umwelt zerstören lassen.
Ein gutes Beispiel dafür ist Kleidung. Unternehmen lassen Kleidung oft unter menschenunwürdigen Bedingungen herstellen und zahlen dafür Preise, die den Arbeitern kaum das Überleben sichern. Hierzulande wird diese Kleidung dann mit Gewinnspannen von 500 Prozent oder mehr verkauft. Die Arbeiter haben selten eine Wahl — Armut zwingt sie, Bedingungen zu akzeptieren, die sie krank machen und ihnen jede Perspektive rauben.
Das weltweite Wirtschaftssystem wirkt wie eine gigantische Pumpe. Es saugt Arbeitskraft, Rohstoffe und Energie aus armen Regionen ab und konzentriert sie in reichen Zentren. Zurück bleiben ausgelaugte Ökosysteme und erschöpfte Gesellschaften.
Der Planet wird geplündert wie ein Bankkonto, von dem immer mehr abgehoben wird, ohne etwas zurückzugeben.
Artensterben, Klimakrise und Bodenerosion sind die unausweichlichen Folgen.
„Wohlstand in wenigen Händen entsteht durch die Erschöpfung vieler.“
P. Reinisch-Fahrland
Ressourcenbasierte Gesellschaft – Eine reale Alternative
Es gibt mögliche Alternativen. Eine ressourcenbasierte Gesellschaft zum Beispiel würde sich nicht an Profit orientieren, sondern an einer nachhaltigen Nutzung und gerechten Verteilung der Ressourcen.
Ihr Ziel wäre es, für alle Menschen ein gutes, sicheres und menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. — Ohne den Planeten zu zerstören.
Statt Luxus für wenige würde ausreichender Wohlstand für alle angestrebt.
Technologien und wissenschaftliche Erkenntnisse könnten genutzt werden, um Überproduktion sinnvoll zu steuern und Bedürfnisse effizient zu decken. Der Planet würde als gemeinsames Erbe betrachtet und nicht als Rohstofflager für wenige Privilegierte missbraucht.
Was jeder Einzelne tun kann – Kleine Schritte mit großer Wirkung
Auch im bestehenden System kann jeder beginnen, kleine Veränderungen anzustoßen.
- Wer etwa in eine eigene Solaranlage investiert, wird unabhängiger von fossilen Energieträgern und Großkonzernen. Eine gut dimensionierte Anlage kann nicht nur den eigenen Strombedarf decken, sondern auch das Heizen und die Mobilität über Wärmepumpe und Elektrofahrzeuge unterstützen.
Jeder Sonnenstrahl, der genutzt wird, verringert die Abhängigkeit von zerstörerischen Strukturen. - Bewusster Konsum kann ebenfalls viel bewirken. Wer weniger kauft, dafür bewusster auswählt und lokale Hersteller unterstützt, stärkt nachhaltige Wirtschaftsformen.
- Durch die Beteiligung an Energiegenossenschaften oder solidarischen Projekten fließt Kapital in lokale Strukturen und nicht in die Taschen globaler Konzerne.
Praktische Beispiele wie die Earthship-Bewegung zeigen bereits heute, dass nachhaltiges, ressourcenschonendes Wohnen möglich ist – mit lokaler Energiegewinnung, Recyclingmaterialien und einem weitgehend autarken Lebensstil.
Jede bewusste Entscheidung trägt dazu bei, das aktuelle System ein Stück weit zu hinterfragen und neu zu gestalten.
Bewusst handeln – Der erste Schritt in eine gerechtere Zukunft
Veränderung beginnt selten mit großer Geste, sondern mit vielen kleinen Entscheidungen.
Wer anfängt, über seinen Konsum, seine Investitionen und seine Energiequellen nachzudenken, setzt einen Impuls.
Sparen und Vermögensbildung müssen nicht zwangsläufig auf Kosten anderer geschehen. Eine bewusstere Nutzung unserer Ressourcen und eine solidarische Verteilung des Wohlstands könnten erste Schritte sein, um echte Alternativen zu schaffen.
„Kapitalismus kennt Sieger – eine gerechte Zukunft braucht Teilhabe für alle.“
P. Reinisch-Fahrland
Manche Leser werden diesen Artikel zustimmend lesen, andere werden ihn ablehnen. Doch echte Veränderung beginnt nicht mit Zustimmung – sie beginnt mit der Frage: Was wäre, wenn wir gemeinsam anders handeln könnten?
Wie sehen Sie das? Welche kleinen Schritte könnten wir gemeinsam gehen?
Quellen:
Fotos: © P. R.-F.
Globale Ungleichheit – World Inequality Report
Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie – Clean Clothes Campaign
Ressourcenverbrauch und Planetengrenzen – Global Footprint Network
Kapitalakkumulation und Reichtumsverteilung – Oxfam-Berichte
Ressourcenbasierte Gesellschaft als Konzept – The Venus Project
Earthship Biotecture – Nachhaltiges Bauen und Leben mit lokalen Ressourcen
Anmerkung der Redaktion: Für bessere Lesbarkeit verzichten wir in unseren Beiträgen weitestgehend auf geschlechtergerechte Sprache. Mehr dazu