Do. 13 Feb. 2025

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Krankenhaus-Entscheidung vertagt

Lehrter Rat vertagt Krankenhaus-Resolution – Entscheidung am 5. März. Mehr Geld für Kindertagespflege, neue Feuerwehrführung.

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Ein Wechsel mit Sprengkraft – Warum ein Ex-Sozi jetzt CDU wählt

Vom Sozialdemokraten zum Christdemokraten – André Tepper erzählt seine Geschichte

Ein langjähriger SPD-Mann zieht Konsequenzen

Andre Tepper ist am 04. Februar 2025 in die CDU eingetreten.
Stolz schickt er mir dieses Foto (Titelfoto).
Die Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Lehrte und Landtagsabgeordnete Heike Koehler nimmt seinen Mitgliedsantrag entgegen. 

Wir verabreden uns. Er fragt, ob er etwas vorbereiten muss. Nein, keine Vorbereitung nötig. Wir werden einfach reden.
Bei der ersten Frage ist er noch sehr sachlich kurz. Aber dann fängt er an zu reden.
Er überlegt, denkt nach, schwelgt in Erinnerungen, freut sich.
Und dann lässt er uns teilhaben an seiner über 20-jährigen Reise von der SPD zur CDU. 

Für unser Interview einigen wir uns schnell auf das freundliche Du.

André, wann bist Du in die SPD eingetreten?

Ich bin am 01.09.2002 in die SPD eingetreten.

Woher weißt Du das sofort? Hast Du Dich doch vorbereitet?

Nein. Ich kann Dir erklären, warum ich das gleich weiß.
Im Frühjahr 2002 war ich 16. Jahre alt.
Aus der Zeitung erfuhr ich, dass der neu errichtete Hauptbahnhof in Berlin den Namen »Lehrter Bahnhof« nach über 130 Jahren verlieren sollte.

Ich startete damals mit Klassenkameraden eine Unterschriftenaktion. Wir waren auf Wochenmärkten und haben Klinken geputzt. Über 7.000 Unterschriften für den Namenserhalt haben wir gesammelt.
Es entstand ein richtiger Trubel. Bei uns zu Hause riefen Zeitungen, Radio- und Fernsehstationen an und wollten ein Interview.

Die Politik wurde aktiv. Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel unterstütze die Aktion.
Herbert Schmalstieg (SPD-Oberbürgermeister von Hannover), Jutta Voss (SPD-Bürgermeisterin von Lehrte) und Horst Schild (SPD-Bundestagsabgeordneter) ebenfalls.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Ganseforth legte die Unterschriftenliste dem damaligen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder vor. Auch der unterschrieb. Damals lernte ich auch Ursula von der Leyen von der CDU kennen, auch sie hat unterschrieben.
Ich fand sie sehr sympathisch und bin immer noch sehr überrascht, dass sie sich nach vielen Jahren immer noch an meinen Namen erinnern konnte. 

In einer Abstimmung entschieden sich 70 Prozent der Berliner für die Beibehaltung des Namens für den neuen Fernbahnhof. Die Deutsche Bahn entschied leider trotzdem anders.

Anmerkung: Auf den Bahnsteigen der Berliner S-Bahn im Hauptbahnhof ist heute immer noch der Zusatz »Lehrter Bahnhof« zu lesen. Ohne das Engagement von Andre Tepper wäre das nicht so. 

Und wie kam es zum Eintritt in die SPD?

Vorbilder. Mein Elternhaus war schon immer sozialdemokratisch geprägt. Das Engagement der vielen SPD-Politiker für den Namenserhalt hat mich begeistert. Besonders Monika Ganseforth hat mich begeistern können. Auch wegen ihr bin ich in die Partei eingetreten.

Was war Deine Motivation, was hattest Du für Ziele?

Ich wollte was bewirken, vieles verändern.
Durch die Geschichte mit dem Lehrter Bahnhof hatte ich gelernt, dass man etwas erreichen kann, wenn man sich engagiert.
Ich wollte etwas für meine Heimatstadt erreichen und dafür in den Lehrter Rat.
In den Landtag oder Bundestag wollte ich nie. Mit dem Lehrter-Rat hat es viele Jahre gedauert. „Deine Zeit kommt ja noch.“, haben die Genossen immer gesagt. 

Und wann war es dann so weit?

2015. Christoph Lokotsch war mit drei weiteren Jusos zu den Linken gewechselt.
Ich rückte nach und war Ratsherr der Stadt Lehrte. Gern habe ich im Jugendhilfe- und Bauausschuss mitgewirkt.

An welche Themen im Lehrter Rat kannst Du Dich erinnern?

Andre Tepper schmunzelt und fängt gleich an zu erzählen.

An eine Sitzecke im Stadtpark auf der Hundewiese. Einige Bürger hatten gefragt, ob es nicht möglich wäre, dort eine Bank aufzustellen. Ich habe den Wunsch aufgegriffen und wir haben ihn realisiert. 

Ebenfalls kann ich mich an das Frauen-Nacht-Taxi erinnern. Das fuhr nur bis 1.00 Uhr nachts. Wir haben durchsetzen können, dass es bis 03.00 Uhr fährt. 

Welche Entscheidung hat Dich am meisten geärgert?

Dass die Videoüberwachung im Bahnhofstunnel gescheitert ist. Die Bürger und die Politiker wollten es.
Der Datenschutzbeauftragte hat dies verhindert. Eine Videoüberwachung gibt es bis heute nicht. Das unsichere Gefühl für viele Passanten ist allerdings geblieben. 

Wie hast Du die Zusammenarbeit im Lehrter Rat damals zwischen den Fraktionen empfunden?

Als sehr konstruktiv und kollegial. Mit den Jusos hatten wir die Idee, auf der C-Fläche bei Obi ein Handwerkerzentrum einzurichten. Leider haben das SPD und CDU nicht unterstützt.
Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens von der CDU hatte mich damals sogar zu einer Mitgliederversammlung der CDU eingeladen, um das Projekt vorzustellen und zu diskutieren, am Ende hat er mir prompt das »Du« angeboten, das fand ich als damaliger Jungpolitiker sehr vertrauensvoll und kollegial. 

Der größte Aufreger?

Aldi. 

Viele Aldi-Gegner sind in der CDU.

Ja, damals ging es richtig zur Sache. Das wurde teilweise auch sehr persönlich.
Ich bin ein offener und ehrlicher Mensch, sicherlich bin ich damals mit meiner direkten Art bei einigen Bürgern in Aligse angeeckt, dies werden auch einige bestätigen können.
Sicher habe ich auch damals Fehler gemacht, aber ich habe immer versucht, mein Gegenüber nicht persönlich anzugreifen, oder zu diskreditieren, daher denke ich, dass jetzt nach 5 Jahren auch Kritiker von damals zusammenarbeiten können. 

Kommen wir zum Thema Krankenhaus.

Da fange ich gleich im Jahr 2014 an.
Ich glaube, dass wir unser Krankenhaus damals retten konnten, weil alle Fraktionen im Lehrter Rat geschlossen zum Krankenhaus gestanden und mit einer Sprache gesprochen haben.
SPD und Grüne waren damals mit dabei. Mit Heike Köhler von der CDU haben wir damals zusammen die Online-Petition gestartet. 

Wie siehst Du die Rolle vom damaligen SPD-Regionspräsidenten Jagau?

Ja, am Anfang wollte er schließen.
Am Ende war er, daran glaube ich fest, vom gemeinsamen Kompromiss zur weiteren Entwicklung der Geriatrie in Lehrte überzeugt.
Er war wohl unserer Stadt auch näher verbunden. Der jetzige Regionspräsident war ja von 2016 bis 2021 Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung in der Berliner Senatskanzlei.
Erst danach kam er in unsere Region zurück. 

Warum kam die Erweiterung der Geriatrie in Lehrte nicht?

Eigentlich muss man der gesamten Regionsversammlung mangelnde Kontrolle vorwerfen.
Sie hat den Auftrag zur Erweiterung erteilt, aber nie die Umsetzung kontrolliert.
Die Geschäftsführung des KRH hätte eigentlich für diese Arbeitsverweigerung Konsequenzen erhalten müssen.
Von den 17 Millionen Euro für die geplante Erweiterung hatte sie nur 77.000 Euro für Baumfällarbeiten ausgegeben, wie später herauskam.
Für diese Arbeitsverweigerung hätte die Regionsversammlung die Geschäftsführung des KRH entlassen müssen!

Am 01.06.2023 bist Du aus der SPD mit viel Getöse ausgetreten.
Die meisten werden sich an den Artikel in der Regionalpresse unter dem Titel »Wegen Zustimmung zu Medizinstrategie – Ex-Partei-Vize verlässt die SPD« erinnern. 

Ich habe bis heute nicht verstanden, warum die SPD Lehrte alternativlos unser Krankenhaus für die Region geopfert hat.
Alle meine Befürchtungen sind wahr geworden. Die medizinische Versorgung in Lehrte hat sich seitdem verschlechtert.
Eine Besserung ist nicht in Aussicht. Bis heute konnte kein Ex-Genosse von mir erklären, warum dieser Weg beschritten wurde oder warum vor dem Beschluss der Medizinstrategie keine Garantien herausverhandelt worden sind.

Wie war es nach dem Austritt?

Eine Woche hatte ich ein komisches Gefühl, schließlich war ich fast 20 Jahre in der Partei.
Danach ging es mir besser. Heute weiß ich, dass meine Entscheidung richtig war.
Auch viele Monate nach der Krankenhausschließung hat die SPD Lehrte immer noch keine Strategie, um die Versorgung zu verbessern.
Einige Ex-Genossen versuchen mich heute zu ignorieren. Das finde ich aber nicht schlimm, denn es zeugt nicht von wirklicher Reife. 

Was sind jetzt Deine politischen Gründe, das Parteibuch zu wechseln?

Das sind vor allem die innenpolitischen und außenpolitischen Gründe. Die SPD geht die großen Themen Migration und innere und äußere Sicherheit nicht an. 
Am Wahlabend, als Scholz Bundeskanzler wurde, habe ich mich sehr gefreut. Er hatte eine tolle Rede gehalten und gesagt, »Wer Führung bestellt, bekommt sie auch.«. Dieses Versprechen hat er nie eingelöst. 

Krieg in der Ukraine – ein einziges Zögern und Zaudern des Kanzlers und der SPD. Schnellere Waffenlieferungen hätten sicherlich besser helfen können.
Deutschland ist mittlerweile zum Bremsklotz und Unsicherheitsfaktor in der Außenpolitik geworden.
Aus diesem Grund habe ich auch schon zur Europawahl 2024 die CDU gewählt. Die CDU hört mehr auch auf die europäischen Nachbarn, insbesondere den osteuropäischen Nachbarn, wonach wir gegen Putin und Russland keine Schwäche zeigen dürfen, und das Zögern und Zaudern von Scholz zeigt Putin nur eins – wir sind ängstlich.

Dass das Land beim Thema Migration überfordert ist sehen wir ja an vielen Bereichen, wenn zum Beispiel nicht genügend Kita-Plätze vorhanden sind, um die auswärtigen Kinder aufzunehmen und zu integrieren, oder wenn Ausbildungsabschlüsse aus anderen Ländern nicht anerkannt werden.
Dann könnten Zuwanderer schon arbeiten, aber wir lassen sie nicht arbeiten.
Daher muss ein schneller Wandel her. 

Wo kann die SPD punkten?

In der Sozialpolitik. 

Nenne konkrete Beispiele.

Sie will eine Bürgerversicherung (gemeint ist damit eine Krankenkasse für alle) und will sich für die Pflege engagieren.

Und warum haben die das niemals umgesetzt? Sie waren doch die letzten 25 Jahre fast immer mit dabei.

Stimmt. Eigentlich sind das nur Schlagworte, eine scheinheilige Debatte. Wenn die SPD gewollt hätte, dann wäre die Bürgerversicherung längst umgesetzt, wenn diese die Priorität gewesen wäre.

Was sind Deine politischen Ambitionen in der neuen Partei?

Ich freue mich auf die erste Mitgliederversammlung.
Momentan habe ich keine Ambition, für ein politisches Amt zu kandidieren.
Aber ausschließen möchte ich das auch nicht. 

Vielen Dank für das offene Gespräch.

Sein Wechsel von der SPD zur CDU ist mehr als nur ein persönlicher Schritt – er spiegelt eine Entwicklung wider, die viele Bürger derzeit beschäftigt. Politische Überzeugungen können sich mit der Zeit ändern, besonders wenn sie mit Enttäuschungen oder neuen Perspektiven konfrontiert werden.

Ob Andre Tepper in seiner neuen Partei eine aktive Rolle übernehmen wird, bleibt abzuwarten. Eines ist jedoch sicher: Sein Interesse an politischen Entwicklungen und seine Bereitschaft, sich für seine Überzeugungen einzusetzen, werden ihn weiterhin begleiten.


Quellen:
Fotos: © A. Tepper
Interview André Tepper | Thomas Janus
Anmerkung der Redaktion: Für bessere Lesbarkeit verzichten wir in unseren Beiträgen weitestgehend auf geschlechtergerechte Sprache. Mehr dazu

 

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