Wie die Energie- und Mobilitätswende verschlafen wurde
Deutschland war einst Vorreiter in Technologie und Innovation, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien und der Automobilindustrie. Doch in den letzten Jahren hat das Land in zentralen Zukunftssektoren wie Elektromobilität, erneuerbaren Energien und autonomen Fahrtechnologien den Anschluss verloren. Politische Fehlentscheidungen und eine zögerliche Anpassung an den technologischen Wandel haben dazu geführt, dass Deutschland hinterherhinkt. Während andere Nationen entschlossen in die Zukunft investieren, steht die deutsche Industrie vor der Herausforderung, den Rückstand aufzuholen.
Vom Vorreiter zum Nachzügler – Elektromobilität und alternative Energien
Die Elektromobilität gilt heute nicht mehr als bloße Wahlmöglichkeit, sondern als zentrale Komponente einer modernen und zukunftsfähigen Wirtschaft. Länder wie China, Norwegen und die USA haben diesen Wandel frühzeitig erkannt und ihre Industrien strategisch darauf ausgerichtet. In China etwa stieg die Produktion von Elektrofahrzeugen rasant an, sodass das Land mittlerweile den Weltmarkt dominiert. In Norwegen machten im Jahr 2021 mehr als 64 % der Neuzulassungen vollelektrische Fahrzeuge aus. Die USA haben mit Tesla einen Pionier hervorgebracht, der nicht nur neue Maßstäbe gesetzt, sondern auch den technologischen Standard in der Branche neu definiert hat.
Im Gegensatz dazu verharrte Deutschland lange im Erfolg seiner Dieseltechnologie, die über Jahrzehnte als Aushängeschild der heimischen Automobilindustrie galt. Doch der langsame Wandel zur Elektromobilität hat die deutschen Hersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz unter Druck gesetzt, den globalen Anschluss nicht zu verlieren. Gleichzeitig begann sich die Verzögerung auch in anderen Schlüsseltechnologien bemerkbar zu machen – insbesondere bei den erneuerbaren Energien.
Im Jahr 2000 setzte Deutschland mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Maßstäbe für den globalen Ausbau erneuerbarer Energien. Der Anteil von Wind- und Solarenergie am Strommix wuchs stetig. Doch nach 2010 geriet dieser Fortschritt ins Stocken. Die Kürzung der Solarförderung, lange Genehmigungsverfahren und Unsicherheiten bei der Windkraft führten dazu, dass viele Unternehmen den Betrieb einstellen mussten oder ins Ausland abwanderten. Parallel dazu zeigte sich, dass andere Länder, wie China und skandinavische Staaten, in den Ausbau erneuerbarer Energien investierten und Deutschland mittlerweile überholt haben.
Autonomes Fahren – Die nächste verpasste Chance?
Während der Druck im Bereich der Elektromobilität steigt, wartet eine weitere Herausforderung bereits in den Startlöchern – Das autonome Fahren. In den USA und China testen Unternehmen wie Waymo (Google) und Tesla bereits autonome Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen. Die Forschung wird dort nicht nur von der Privatwirtschaft vorangetrieben, sondern auch durch staatliche Unterstützung gefördert. Deutschland hingegen, obwohl technologisch in der Lage, auf diesem Gebiet mitzuhalten, leidet unter regulatorischen Hürden und einem langsamen Marktzugang.
Diese Problematik ist Teil eines größeren Musters. Die deutsche Industrie und Politik haben es in den vergangenen Jahren versäumt, technologische Trends frühzeitig aufzugreifen und gezielt zu fördern. Der technologische Wandel wurde oft verzögert, und während Deutschland auf Stabilität setzte, ergriffen andere Nationen die Chancen der Zukunft.
Merkels Erbe – Ein verschlafener Übergang
Die Politik unter Angela Merkel war geprägt von Stabilität und Konsens, doch der technologische Wandel in der Automobil- und Energiebranche wurde oft hinausgezögert. Andere Länder haben aggressiv in Zukunftstechnologien investiert und ernten heute die Früchte ihrer Investitionen. Die Auswirkungen sind nun auch in Deutschland spürbar. Die heimische Industrie steht unter enormem Druck, den technologischen Rückstand in den Bereichen Elektromobilität, erneuerbare Energien und autonomes Fahren aufzuholen.
Höchste Zeit zum Aufholen
Die verpassten Chancen in diesen Bereichen sind deutlich, aber nicht irreversibel. Mit entschlossenen politischen Maßnahmen, einer klaren Innovationsstrategie und gezielter Unterstützung der heimischen Industrie kann Deutschland den Anschluss wiederfinden. Die Zeit des Zögerns ist jedoch vorbei. Der globale Wettbewerb um die Technologien der Zukunft wird von jenen gewonnen, die den Mut haben, frühzeitig und entschlossen zu handeln.
Quellen:
Fotos:
Bundesverband Windenergie (BWE)
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
Agora Energiewende
Umweltbundesamt
Anmerkung der Redaktion: Für bessere Lesbarkeit verzichten wir in unseren Beiträgen weitestgehend auf geschlechtergerechte Sprache. Mehr dazu