Do 21 Nov 2024

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StartRatgeber & MagazinEnergie und UmweltWandel auf Rädern - Warum E-Mobilität mehr ist als nur ein Trend

Wandel auf Rädern – Warum E-Mobilität mehr ist als nur ein Trend

Elektromobilität – Mehr als nur eine politische Entscheidung

Die Elektromobilität ist ein emotional diskutiertes Thema und weckt starke Meinungen. Nicht selten dabei verbunden mit der Vorstellung, dass politische Maßnahmen den Übergang zu Elektroautos vorantreiben. Doch abseits der öffentlichen Debatte zeigt sich ein anderes Bild. Der tatsächliche Wandel zur Elektromobilität wird weniger von der Politik und vielmehr von technologischen Innovationen und Marktkräften bestimmt.
In Deutschland bringt dieser Wandel jedoch nicht nur Chancen, sondern stellt die gesamte Industrie vor enorme Herausforderungen. Vom Automobilbau über Zulieferbetriebe bis hin zur Kraftstoffproduktion, Speditionen und Tankstellen werden viele traditionelle Bereiche betroffen sein. Auch die Netzinfrastruktur der Stromversorgung muss angepasst werden, um den steigenden Bedarf zu decken und die notwendige Ladeinfrastruktur bereitzustellen. Diese tiefgreifenden Veränderungen verlangen nach innovativen Lösungen, um Deutschland auf die Mobilität der Zukunft vorzubereiten.

© ENERGIE ERLEBEN by EnBW – Gründe für Elektromobilität | Das lohnt sich

Technologische Entwicklungen als Hauptmotor

In den letzten Jahren haben sich die Technologien für Elektroantriebe und Batterien rasend schnell weiterentwickelt. Diese Fortschritte senken nicht nur die Produktionskosten von Elektrofahrzeugen, sondern verbessern auch ihre Leistungsfähigkeit. Die Reichweite der neuen Modelle hat sich vervielfacht. Viele Fahrzeuge erreichen heute problemlos Distanzen von 350 Kilometern bis 500 Kilometern mit einer einzigen Ladung.

Wartungsarme Technik und geringere Betriebskosten

Ein weiterer entscheidender Vorteil sind die niedrigeren Unterhaltskosten. Elektrofahrzeuge sind im Unterhalt insgesamt um etwa 35 % bis 70 % günstiger als Verbrenner. Da sie zum Beispiel weniger verschleißanfällige Teile besitzen und die Energiekosten pro Kilometeren niedriger sind. Anders als beim Verbrenner entfallen zudem bei E-Autos viele Wartungsarbeiten. Wie zum Beispiel der Austausch von Auspuffanlagen, Öl- und Luftfiltern, Motoröl sowie Zahnriemen. Hinzu kommt, dass die Bremsen weniger stark beansprucht werden. Denn der Elektromotor übernimmt bei vielen Modellen einen Teil der Bremsarbeit durch Rekuperation. Was die Lebensdauer der Bremsbeläge verlängert und gleichzeitig die Batterie auflädt.

Niedrige Treibstoffkosten – Mit Solaranlage sogar kostenlos

Zusätzlich sind die »Treibstoffkosten« deutlich geringer. Ein Elektroauto kann pro 100 Kilometer oft für 5 Euro Stromkosten betrieben werden. Während ein Benziner schnell bei 10 Euro oder mehr liegt. Elektrofahrzeuge haben zudem mit ca. 70 % eine viel höhere Effizienz gegenüber Verbrennermotoren. Bei Verbrennern liegt die effizienz lediglich bei 20% bis 40%. Ein großer Teil der energie fleißt bei verbrennern nicht in die Bewegung. Zum Beispiel wird sehr viel Abwärme produziert.
Besonders günstig wird das elektrische Fahren, wenn das Laden zu Hause an einer eigenen Wallbox erfolgt. Da hier oft günstigere Tarife gelten als an öffentlichen Ladestationen. Wer zudem über eine Solaranlage auf dem Dach verfügt, kann die Kosten nochmals deutlich senken. Insbesondere Eigenheimbesitzer auf dem Land könnten somit eigener Solaranlage nahezu energieautark also nahezu kostenlos fahren. Diese Ersparnisse machen E-Autos für eine immer breitere Zielgruppe attraktiv und reduzieren die Abhängigkeit von Subventionen.

Die Zukunft der Batterietechnologie – Mehr Reichweite und bessere Recyclingmethoden

Neben den Kosten- und Leistungsfortschritten gibt es viele vielversprechende Entwicklungen für die nächste Generation von Batterien. Die Reichweiten, Ladezeiten und Nachhaltigkeit werden stetig weiter verbessert. Experten sehen Festkörperbatterien und verbesserte Recyclingverfahren als wegweisende Ansätze, um die Elektromobilität noch attraktiver zu machen.
Ein Beispiel für innovative Recyclingtechnologie ist das Verfahren des deutschen Unternehmens Duesenfeld. Ihr Verfahren ermöglicht eine Recyclingquote von bis zu 91 %. Wobei Rohstoffe wie Lithium, Nickel und Kobalt fast vollständig zurückgewonnen werden​​.
Die Technologie verringert zudem die Gefahren beim Transport. Durch eine spezielle Vorbehandlung können gebrauchte Batterien sicherer transportiert werden, sodass sie ohne spezielle Gefahrgutcontainer auskommen. Dadurch können bis zu siebenmal mehr Batterien pro Transporter befördert werden. Was somit erhebliche Kosten einspart und die CO₂-Bilanz der Recyclingprozesse weiter verbessert​​.

© ADAC – E-Autos: Mehr Vor- oder Nachteile? | Unter Strom – Einfach Elektromobilität

Marktkräfte und Verbrauchernachfrage – Das Interesse wächst

Parallel zur rasanten Entwicklung der Technologien steigen auch die Verkaufszahlen von Elektroautos. Immer mehr Konsumenten erkennen die Vorteile von E-Fahrzeugen, und Hersteller reagieren auf diese Nachfrage, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In einigen Ländern sind Elektroautos bereits ein fester Bestandteil des Straßenbilds. In Norwegen etwa machen sie beeindruckende 55 % der Neuzulassungen aus.

In China, dem größten Automobilmarkt der Welt, liegt der Marktanteil inzwischen bei etwa 25 %. Während Deutschland – das im Vergleich später eingestiegen ist – mittlerweile rund 15 % erreicht hat.
Dieser Nachfrageanstieg motiviert Automobilhersteller, ihre Modellpalette anzupassen und in neue Fertigungstechniken zu investieren. Tesla hat hier Pionierarbeit geleistet, doch auch traditionelle Hersteller wie Volkswagen und BMW richten ihre Produktion zunehmend auf Elektromobilität aus.

Politik als unterstützender, aber nicht als treibender Faktor

Obwohl politische Maßnahmen wie Förderprogramme und der Ausbau der Ladeinfrastruktur den Wandel zur Elektromobilität beschleunigen, sind sie nicht der Hauptantrieb. Die tatsächlichen Kräfte liegen im Zusammenspiel von Marktdynamiken und technologischen Fortschritten, die E-Mobilität immer wirtschaftlicher machen. Dennoch sorgt die Politik mit gezielten Maßnahmen dafür, dass der Übergang erleichtert wird.
In Deutschland unterstützte der Staat bisher durch den sogenannten Umweltbonus den Kauf von Elektroautos. Allerdings wurde diese Förderung zum 17. Dezember 2023 komplett eingestellt. Plug-in-Hybride waren bereits seit Anfang 2023 nicht mehr förderfähig.
Die Kürzungen und der schließlich vollständige Wegfall der Prämien könnten auch darauf abzielen, die Umstellung langsamer und kontrollierter zu gestalten. So bleibt der Markt in der Lage, auf die tiefgreifenden Veränderungen zu reagieren, ohne dass es zu Verwerfungen kommt. Hybridfahrzeuge könnten ebenso dabei als Zwischenschritt gesehen werden. Mit Hybridmodellen wird quasi die herkömliche Fahrzeugproduktion und das Werkstattgeschäft allmählich auf den Wegfall wartungsintensiver Verbrenner vorbereitet. Deutschland setzt sich außerdem ambitionierte Ziele für den emissionsfreien Verkehr. Zudem unterstützt das Land den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Zum Beiuspiel mit Programmen wie dem »Deutschlandnetz«, das ein flächendeckendes Netz an Schnellladestationen schaffen soll. Diese Maßnahmen dienen als Katalysator, können den Wandel aber nicht alleine bewirken oder steuern.

Ladeinfrastruktur – Herausforderungen und Fortschritte

Die Ladeinfrastruktur stellt aktuell noch eine Herausforderung dar, insbesondere für Stadtbewohner ohne eigenen Stellplatz. Während die Zahl öffentlicher Ladepunkte in Deutschland auf etwa 80.000 gestiegen ist, bleibt das Ziel, bis 2030 mindestens eine Million Ladepunkte zu schaffen, ehrgeizig. Projekte wie das „Deutschlandnetz“, das den Ausbau öffentlicher Schnellladestationen vorantreiben soll, zeigen jedoch, dass die Notwendigkeit eines dichten Ladenetzes längst erkannt wurde.

Ein zusätzlicher Ansatz zur Netzstabilisierung ist die Nutzung privater Solaranlagen und Heimspeicher. Deise könnten Haushalten auf dem Land helfen, einen Großteil ihres Energiebedarfs selbst zu decken und überschüssige Energie ins Netz einzuspeisen. Darüber hinaus könnten Elektroautos mit „Vehicle-to-Grid“-Technologie (V2G) als mobile Energiespeicher dienen. Tagsüber mit Solarenergie geladen, könnten sie zu Spitzenlastzeiten Strom ins Netz zurückgeben und als Schwarmbatterien das Netz entlasten. Diese Option könnte bis 2030 theoretisch Speicherkapazitäten von bis zu 1.000 Gigawattstunden schaffen. Was das Doppelte des heute benötigten Puffers zur Netzstabilisierung darstellt.

Auch „intelligente“ Ladesysteme mit dynamischen Tarifen, die Elektroautos zu Zeiten niedriger Netzlast laden, könnten das Stromnetz effizient entlasten. Mit diesen Ansätzen und dem Ausbau der Solar- und Speicherinfrastruktur kann Deutschland eine stabile und nachhaltige Energieversorgung für die Elektromobilität sichern.

Herausforderungen des Wandels – Arbeitsmarkt und Strukturveränderungen

Trotz der vielen Vorteile der Elektromobilität steht Deutschland vor einem enormen Wandel. Dieser hat weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitswelt und die gesamte Industrie. Da ein Großteil der deutschen Wirtschaft (etwa 800.000 Arbeitsplätze) direkt oder indirekt von der Automobilbranche abhängt, betrifft dieser Wandel fast alle Bereiche. Vom Fahrzeugbau über Zulieferer bis hin zur Kraftstoffproduktion, Tankstellen, Speditionen, Ersatzteilhersteller und Werkstätten.

Weniger Bedarf an klassischen Autoteilen und Werkstätten

Besonders betroffen sind spezialisierte Werkstätten und kleinere Zulieferbetriebe. Elektrofahrzeuge sind weniger komplex aufgebaut und erfordern weniger Wartungsaufwand, da viele Verschleißteile wie Beispielsweise Auspuffanlagen, Motoröl oder Zahnriemen entfallen. Die Nachfrage nach typischen Verbrennerteilen wird voraussichtlich stark sinken, und auch die Serviceaufträge in den Werkstätten werden sich erheblich verringern. Dies stellt das Werkstattgeschäft und den Teilehandel vor große Herausforderungen, da traditionelle Serviceleistungen an Bedeutung verlieren.

Autonomes Fahren reduziert Fahrzeugbedarf

Ein weiterer Einflussfaktor ist das autonome Fahren. Analysten wie Tony Seba prognostizieren, dass der zukünftige Mobilitätsbedarf theoretisch mit nur einem Zwanzigstel der heute benötigten Fahrzeuge gedeckt werden könnte. Dies würde nicht nur die Fahrzeugproduktion, sondern auch die Nachfrage in allen damit verbundenen Sektoren erheblich verringern.

Neue Qualifikationen und sozialverträglicher Wandel

Der Übergang zur Elektromobilität und zur Automatisierung erfordert deshalb eine umfassende Anpassung des Arbeitsmarkts. Neue Qualifikationen in den Bereichen Software, Infrastruktur und Mobilitätsdienste werden zunehmend wichtiger. Diese Veränderungen stellen Politik und Gesellschaft vor die Aufgabe, den Wandel sozialverträglich zu gestalten. Also Intensiv in die Weiterbildung betroffener Beschäftigungsgruppen zu investieren, um die Zukunft der deutschen Automobilwirtschaft nachhaltig zu sichern.

Colorado Renewable Energy Society (CRES) – Tony Seba: Clean Disruption – Energy & Transportation

Der unausweichliche Wandel – Zukunftsperspektiven der Elektromobilität in Deutschland

Elektroautos sind längst mehr als nur ein Trend! Sie werden zu einem immer alltäglicheren Anblick auf deutschen Straßen und stehen sinnbildlich für die Zukunft der Mobilität. Deutschland befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Wandel, der die Automobilindustrie, den Arbeitsmarkt und die Infrastruktur herausfordert. Diese Transformation bietet jedoch die Chance, den Weg in eine nachhaltigere und effizientere Mobilität zu gestalten.

Technologische Fortschritte, ein wachsendes Umweltbewusstsein und die sich verändernde Nachfrage nach emissionsfreien Fahrzeugen treiben diesen Wandel an. Doch um die Potenziale der Elektromobilität voll auszuschöpfen und gleichzeitig die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu meistern, bedarf es eines koordinierten Zusammenspiels von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Aufgabe besteht darin, die Chancen zu nutzen. Sowie die Anpassung so zu gestalten, dass sie langfristig nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wirtschaftlich und sozial verträglich ist. Deutschlands Fähigkeit, diesen Wandel aktiv zu gestalten, wird darüber entscheiden, ob das Land in der Mobilität der Zukunft eine führende Rolle einnehmen kann.


Quellen:
Video:
ENERGIE ERLEBEN by EnBWGründe für Elektromobilität | Das lohnt sich
ADAC E-Autos: Mehr Vor- oder Nachteile? | Unter Strom – Einfach Elektromobilität
Colorado Renewable Energy Society (CRES)Tony Seba: Clean Disruption – Energy & Transportation
Sonstige Quellen:
Bloomberg New Energy Finance (BNEF) – Entwicklung der Batteriekosten pro kWh
Center of Automotive Management (CAM) – Fahrzeugpreise und Marktanteile von Elektrofahrzeugen
China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) – Marktanteil von Elektroautos in China
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) – Informationen zur Förderung und dem Umweltbonus in Deutschland
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) – Informationen zur Ladeinfrastruktur und zum „Deutschlandnetz
Duesenfeld GmbH – Recyclingtechnologie und Recyclingquoten bei Lithium-Ionen-Batterien
Tony Seba und RethinkX – Analysen und Prognosen zum autonomen Fahren und Fahrzeugbedarf
Energie-Experten.org und Fraunhofer ISE – Informationen zur Vehicle-to-Grid-Technologie und Kapazitätsprognosen für Elektrofahrzeuge als Strompuffer

Anmerkung der Redaktion: Für bessere Lesbarkeit verzichten wir in unseren Beiträgen weitestgehend auf geschlechtergerechte Sprache. Mehr dazu